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Motivationsfalle leistungsgerechte Vergütung - Ein Beispiel

Die Deutsche Bahn - ein Thema, das inzwischen nicht nur Pendler:innen bewegt, sondern auch den ein oder anderen Personaler. Richard Lutz, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, erhält für das Jahr 2022 angeblich 1,3 Millionen Euro Boni. Wer die Zugausfälle und -verspätungen im letzten Jahr verfolgt hat, fragt sich jetzt vielleicht wofür genau. Wir haben uns den Fall mit der Personaler-Brille angesehen und geben Tipps, wie Ihr nicht in der Motivationsfalle leistungsgerechte Vergütung landet.



Etwa 384.000 Euro erhält Herr Lutz für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und den gestiegenen Anteil an weiblichen Führungskräften. Bei der Mitarbeiterzufriedenheit hatte der Vorstand das Ziel, dass diese nicht weiter sinken dürfe. Weil die Stimmung bei den Angestellten im Jahr 2022 immer noch schlecht, aber immerhin leicht besser als im Vorjahr war, gilt dieses Ziel als übererfüllt. Das Resultat: Für die Bahnvorstände steigt der anteilige Bonus auf 175 Prozent.


Boni-Auszahlungen sind unter anderem deshalb möglich, weil sich bei der Bahn verfehlte Ziele durch übererfüllte Ziele kompensieren lassen. Ziele in den Bereichen Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit wurden deutlich verfehlt. Auch das Bahnnetz wird von vielen Expert:innen und Mitarbeitenden als marode und sanierungsbedürftig beschrieben. Dennoch ist das Ziel einer möglichst guten Bestandsnetz-Qualität mit 200 Prozent übererfüllt und gleicht so die nicht erfüllten Ziele aus.


Was lernen wir aus diesem Beispiel? Die langfristigen Auswirkungen leistungsgerechter Vergütung können - bei falscher Anwendung - einen Konzern dahin führen, dass er nur noch mit Hilfe der Staatskasse über Wasser gehalten wird.


Die Schwächen dieser Vorgehensweise sind vielfältig. Zunächst sind die Ziele entweder hinreichend vage gesteckt (“möglichst gute Bestandsnetz-Qualität”) oder auf das Minimum reduziert (“Zufriedenheit darf nicht weiter sinken”). Außerdem stellt sich die Frage nach der Motivation: Wenn die Führungsebene primär extrinsisch durch finanzielle Anreize motiviert wird, bleibt vielleicht kein Raum für den individuellen intrinsischen Antrieb. Die Gefahr besteht, dass das Streben nach Boni den eigentlichen Antrieb, das Unternehmen erfolgreich zu gestalten, überlagert.


Klar, die Vorteile leistungsgerechter Vergütung liegen auf der Hand. Leistungsgerechte Vergütung bietet klare finanzielle Anreize für die Erreichung bestimmter Ziele, was die Mitarbeitenden motivieren kann, ihre Leistung zu steigern. Klare Zielsetzungen ermöglichen außerdem eine objektive Bewertung der Leistung, was zu Transparenz und Fairness führen sollte.


Die Fokussierung auf monetäre Belohnungen kann jedoch den Blick für das “große Ganze” vernachlässigen, da andere Aspekte wie sinnstiftende Arbeit oder Weiterentwicklung des Unternehmens in den Hintergrund treten. Außerdem kann leistungsgerechte Vergütung zu einer kurzfristigen Ausrichtung führen, bei der Mitarbeitende sich nur auf kurzfristige Ziele konzentrieren, um Boni zu erhalten, anstatt langfristige strategische Ziele zu verfolgen.


Wir hoffen, wir können euch mit diesem Beitrag die potenziellen Fallstricke leistungsgerechter Vergütungssysteme aufzeigen. Der eigentliche Antrieb, das Unternehmen erfolgreich zu gestalten, kann durch den Fokus auf Boni in den Hintergrund gedrängt werden. Trotz der offensichtlichen Vorteile leistungsgerechter Vergütung, wie klare finanzielle Anreize und objektive Leistungsbewertung, sollten Leistungskriterien sinnvoll überlegt sein und den Blick für das Gesamtbild schärfen. Eure Vergütungsstruktur sollte nicht nur die kurzfristigen Erfolge, sondern auch die langfristige Gesundheit und Entwicklung des Unternehmens im Auge behalten.

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