Frauen in Führungspositionen - eine seltene Spezies
“Frauen sind für die grüne und die digitale Transformation der Wirtschaft von entscheidender Bedeutung – als Unternehmerinnen, als Gründerinnen, als Führungs- und als Fachkräfte.”, so steht es zumindest in einem Dossier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. In den 160 deutschen Börsenunternehmen finden sich jedoch im Vorstand gerade einmal 17% Frauen. Außerdem sind in Deutschland doppelt so viele Führungskräfte männlich.
In diesem Blogbeitrag beleuchten wir Ursachen und Probleme, geben aber auch erste Impulse, um die Zukunft unserer Arbeit weiblicher zu gestalten.
Warum liegt Deutschland zurück, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht?
In Deutschland sind nur 28,9% der Führungspositionen von Frauen besetzt. Zum Vergleich: der Durschnitt in der EU liegt bei 35,1% weiblichen Führungskräften. Der Spitzenreiter in der EU ist Lettland mit 45%. Das entspricht bei einer Quote von 46,3% weiblichen Erwerbstätigen tatsächlich fast der Hälfte.
Deutsche Branchen mit einem besonders geringen Frauenanteil in Führungspositionen sind Maschinenbau, Baugewerbe und Energieversorgung mit jeweils ca. 10%. Das Gesundheitswesen ist dagegen mit Abstand führend: hier gibt es immerhin rund 36% weibliche Führungskräfte.
Die Ursachen für die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz durchaus erkannt:
Unzureichende Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Pflege
Viele Frauen haben aufgrund von Betreuungs- und Pflegeverpflichtungen Schwierigkeiten, ihre beruflichen Ambitionen zu verwirklichen. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten und qualitativ hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen sind oft nicht ausreichend vorhanden, was Frauen daran hindert, Führungspositionen zu übernehmen.
Mangelndes Bewusstsein für partnerschaftliche Verantwortung
In vielen Familien liegt die Hauptlast der Kindererziehung und Pflege bei den Frauen. Dies resultiert oft aus traditionellen Rollenbildern und gesellschaftlichen Erwartungen. Ein stärkeres Bewusstsein und eine gerechtere Verteilung der familiären Aufgaben zwischen Männern und Frauen sind notwendig, um Frauen mehr Zeit und Raum für ihre berufliche Entwicklung zu ermöglichen.
Eingeschränkte wirtschaftliche Unabhängigkeit
Frauen verdienen oft weniger als Männer und sind häufiger in Teilzeit beschäftigt. Dies führt zu geringerer finanzieller Unabhängigkeit und erschwert den Aufstieg in Führungspositionen. Maßnahmen, wie gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und die Förderung von Teilzeitbeschäftigung, können helfen, die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen zu stärken und ihre Präsenz in Entscheider-Berufen zu erhöhen.
Wie können Unternehmen Strukturen schaffen, die Frauen aktiv fördern?
Die oben genannten Ursachen bedienen ein strukturelles Problem, das über Jahrhunderte gewachsen ist. Um das zu ändern, müssen viele Akteure ihren Teil beitragen: Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Insbesondere Unternehmen können eine entscheidende Rolle für die Gleichberechtigung am Arbeitsplatz einnehmen.
Doch wer ist verantwortlich? Insbesondere in KMUs gibt es meistens noch keine eigene Diversity & Inklusion Abteilung, stattdessen landet das Thema bei einer - in der Regel komplett ausgelasteten - Personalabteilung. Im Vergleich zu Lohnabrechnung und Vertragsmanagement scheint das Thema Gleichberechtigung dann schnell “nice-to-have, aber vielleicht lieber übermorgen”. Hier ist es durchaus ratsam, Unterstützung von außen einzuholen. Letztendlich gilt es, nicht nur den Status Quo zu beleuchten, sondern auch aktiv Maßnahmen zu etablieren, die einer Ungleichbehandlung entgegenwirken.
Auf der Webseite von Female Wakeup Call finden sich fünf Maßnahmen für mehr Frauen in Führungspositionen:
Bewusstsein und Fokus fördern, z.B. durch die Erhebung von Kennzahlen
Prozesse und Strukturen so transparent gestalten, dass z.B. allen klar ist, wie eine Beförderungsentscheidung getroffen wird
Professionelles Elternzeitmanagement etablieren, z.B. durch Stay-in-Contact-Programme und Vereinbarkeits-Mindset
Förderung von Flexibilität und Teilzeit, insbesondere für junge Väter, die so die Care-Arbeit gerecht aufteilen können
Female Empowerment leben bedeutet ganz konkret z.B. bei der Vergabe einer Führungsposition direkt Frauen anzusprechen und für eine Bewerbung zu motivieren.
Der Vorteil von Frauen in Führungspositionen
Analysen zeigen, dass die Mehrheit der Unternehmen, die das Thema Geschlechtervielfalt in Führungspositionen angehen, ihre Gewinne um 5 bis 20 Prozent steigern konnten. Darüber hinaus wirkt sich eine gleichere Verteilung der Geschlechter innerhalb des Unternehmens positiv auf folgende Bereiche aus:
Mitarbeiterbindung von Fachkräften
Recruiting von Fachkräften
Kreativität und Innovation
Unternehmerische Offenheit
Außenwirkung des Unternehmens
Wenn das keine guten Gründe sind, das Thema Gleichberechtigung auf der Agenda von “nice-to-have” zu “sofort starten” zu verschieben, dann wissen wir auch nicht weiter…
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In diesem Beitrag gehen wir nur auf die strukturelle Benachteiligung von Frauen bei Führungsverantwortung ein. Uns ist bewusst, dass auch andere FLINTA* Personen vor denselben oder ähnlichen Herausforderungen stehen und sich in der Arbeitswelt für diese Personengruppen noch mehr verändern muss, damit alle dieselben Chancen erhalten.
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